Medieval Empires 

Note 2
Test in Nr.34 
Autor: Martin Wallace  Personenzahl: 3-4  Deutsch /Englisch/ Französisch 
Verlag: Warfrog, GB  Alter: ab 10 Jahren  Noch erhältlich: ja/ nein 
Erscheinungsjahr: 1997  Spieldauer: ca.  Rezensent: Ferdinand Köther

Sich als Verlag und Autor einen guten Namen zu verdienen, ist schon nicht einfach; noch schwerer aber ist es, einen guten Ruf zu verteidigen, will sagen, einen hohen Qualitätsstandard aufrechtzuhalten. Dieses Ziel zu verwirklichen, trat Martin Wallace in diesem Jahr mit zwei neuen Warfrog-Spielen an. Nomen est omen. Auch in diesen beiden Spielen heißt das Motto wieder mal: Erobern und kämpfen was das Zeug hält - zwei weitere Neuzugänge der fast unüberschaubaren Risiko-Familie. Nicht sehr originell, könnte man sagen - aber schon die Vorgänger bestachen nicht durch die Grundidee, sondern durch die Umsetzung derselben mittels origineller Spielelemente und deren geschickter Kombination. Genau wie bei Sixteen Thirty Something erinnert der Spielplan an einen mittelalterlichen Stich, sieht auf den ersten Blick aber wesentlich verwirrender aus - was sich allerdings auf den zweiten Blick als Täuschung erweist. Inspiriert durch eine mittelalterliche Weltkarte, bietet der Spielplan auf den dritten Blick zahlreiche wie Hügel oder Inseln aussehende Gebiete - die Objekte der Eroberungsgier. Viele Gebiete weisen ein Gebäudesymbol auf. Davon gibt es nur zwei Typen, Stadt und Kathedrale. Und auch wie bei STS ist das Spielfeld von einer Leiste mit kleineren Feldern umrandet. Da hören die Ähnlichkeiten aber auch schon auf. Während STS eher ein Verhandlungsspiel ist, geht es hier klipp und klar um das Erobern von Gebieten mit Hilfe der Armeen. Medieval Empires Schachelfrontillustration Drei verschiedene Armeesymbole stellen die jeweils drei Reiche jedes Spielers dar - von Spieler zu Spieler durch die jedem zugehörige Farbe unterschieden. Man kämpft also ständig an drei Fronten, denn die unterschiedlichen Armeen eines Spielers dürfen nicht miteinander vermischt werden. Außer diesen Armeecountern hat jeder Spieler noch ein paar Heeresführercounter und einige Fortcounter, auch diese alle in mittelalterlichem Stil gehalten. Für jeden der maximal (und optimal) vier „Herrscher“ gibt es noch einen (häßlichen) Plastikpöppel in seiner Farbe. Zwei normale Kartenspiele, zu einem Stapel zusammengemischt, vervollständigen die Ausstattung, die noch in der deutschen Regel aufgeführten Würfel fielen in letzter Minute dem Rotstift zum Opfer, aber Würfel dürften in jedem Spielerhaushalt wohl kaum Mangelware sein. Der Spielablauf ist denkbar einfach und doch raffiniert. Nach erfolgter Anfangsaufstellung, die immer wieder eine andere Ausgangssituation herbeiführt, und dem Verteilen einer gewissen Anzahl Karten an jeden Spieler, kann’s losgehen. Wer dran ist, bewegt mit zwei Würfeln seinen Pöppel auf der Außenleiste weiter und bestimmt durch die Angaben des erreichten Feldes zwei Dinge: Einmal, wieviel Karten er nehmen darf, alternativ statt Karten übrigens immer einen Heeresführer, und zweitens, wieviel Armeecounter welcher Sorte nun versteigert werden. An dieser Auktion nehmen natürlich alle Spieler teil, statt Geld bietet man mit seinen Karten. Wer gewinnt, nimmt entsprechend der Angabe auf dem Feld Armeecounter in seiner Farbe und plaziert sie auf dem Spielplan, in eigene Gebiete mit Armeecountern gleichen Symbols. Der aktive Spieler hat nun die Wahl zwischen weiterer Rekrutierung von Armee-Einheiten mit Hilfe seiner Karten, wobei genau wie schon vorher bei der Ersteigerung jeweils drei der neuen Einheiten gegen einen Anführer oder ein Fort eingetauscht werden können. Solch eine Rekrutierung beendet den Zug; next one, please! Statt dieser Rekrutierung kann man aber auch „Angriff, Marsch!“ wählen, d. h. erst Einheiten mit Anführer(n) bewegen und anschließend wahlweise alle die benachbarte Gebiete angreifen, die man angreifen möchte. Das geht ganz einfach: Anzahl der jeweiligen Armeecounter plus eine Karte, höhere Summe siegt. Und das bedeutet, daß der Verlierer die Hälfte seiner (am Kampf beteiligten) Counter verliert. Bei Gleichstand verliert der Angreifer einen Counter - und damit sind noch nicht alle Eventualitäten abgedeckt, auch die Kartenfarbe oder in bestimmten Fällen auch die Kartenwerte ansich können eine Rolle spielen. Die bereits erwähnten Forts dienen natürlich der Stärkung des Verteidigers. Es würde zu weit führen und ist hier auch unnötig, alle Feinheiten und schönen kleinen Details aufzuführen, die eigentlich überall anzutreffen sind: Beim Auktionsablauf ebenso wie bei der Bewegung oder Rekrutierung. Zwei Beispiele mögen das nochmal verdeutlichen. Jede Armee darf pro Anführer drei Gebiete weit ziehen - dabei zählt ein unterwegs aufgelesener Anführer mit - wahre Kettenzüge können sich so ergeben. Die Anzahl der Anführer einer Armee ist übrigens nicht begrenzt, eine „kopflose“ Armee hingegen kann sich gar nicht rühren. Für das zweite Beispiel soll nochmals der Kampf herhalten, weil’s so schön anschaulich ist: „Ass“ gegen „Bildkarte“ gewinnt immer, egal wer wieviele Counter in den Kampf bringt. Auch die Felderleiste hält selbstverständlich einige Kleinigkeiten bereit. Wer auf einem Eckfeld landet, löst damit eine Plage aus: Eine durch Würfeln bestimmte Sorte Armeecounter (aller Spieler natürlich) fällt der Pest zum Opfer. Und wenn der Rundenmarker auf oder über ein Eckfeld zieht, löst er damit eine Wertung aus: Für die Kontrolle eines einfachen Gebietes gibt’s ‘n Punkt, für Gebiete mit Stadtsymbol deren zwei und für solche mit Kathedralensymbol drei. Wer zum Schluß die meisten Punkte vorweisen kann, ist Sieger - logo. Ach ja, der Rundenmarker - der trottet den Pöppeln der Spieler auf der Umlaufleiste hinterher. Immer wenn jemand einen Pasch oder eine sieben würfelt, wird er um so viele Felder bewegt, wie man Augen mit einem Würfel würfelt. Ist er einmal rum, ist das Spiel zu Ende - das kann eine oder zwei Stunden dauern oder auch mal drei bis vier. Martin Wallace hat es mit Medieval Empires mal wieder geschafft, aus diversen einfachen Zugaben ein spannendes, schnell zu lernendes und schnell zu spielendes Freizeitvergnügen zu schaffen. Und wie auch immer bei seinen Spielen, deren Hauptmotor Karten sind, ist eine gelungene Mischung aus Glück und Taktik dabei herausgekommen. Klar, Kartenspiele sind reine Glücksspiele, mögen manche sagen, aber wer wirklich Bescheid weiß, der weiß auch, daß dem nicht so ist, sondern daß gerade Kartenspiele auch immer eine mehr oder weniger große Taktikkomponente aufweisen. Medieval Empires Schachtelseitenillustration Um zur Einleitung zurückzukommen: Es ist Martin Wallace voll und ganz gelungen, dem selbst gesetzten hohen Qualitätsanspruch gerecht zu werden. Ob das auch für sein zweites neues Werk zutrifft, könnt Ihr in der nächsten SPIELEREI erfahren. Trotzdem - und trotz beigefügter dt. Regelübersetzung - war der Absatz in Essen nicht gerade überwältigend, von der kleinen 200er Auflage ist noch einiges zu haben, wenn auch vielleicht nicht mehr lange. Also nicht zögern, es lohnt sich! Daß man noch die Counter ausschneiden und den Spielplan aus vier Teilen zusammenkleben muß, fällt bei der gebotenen Spielqualität zu diesem Preis nicht ins Gewicht. Die Talente von Martin Wallace sollen übrigens nicht nur im Verborgenen blühen - gerüchteweise hört man, daß demnächst eine namhafte deutsche Firma ein neues Spiel von MW herausbringen wird. Hoffentlich ohne Zugeständnisse an den angeblichen „Massengeschmack“. Daß im Gegenteil dieser Geschmack durch gute Spiele sogar erzogen werden kann, haben Die Siedler von Catan und El Grande deutlich bewiesen. 
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