Premiere 

Note 1
Test in Nr.34 
Autor: Dirk Henn  Personenzahl: 4-6  Deutsch/ Englisch / Französisch 
Verlag: db-Spiele  Alter: ab 8 Jahren  Noch erhältlich: ja/ nein 
Erscheinungsjahr:  Spieldauer: ca. 60 min  Rezensent: Rolf Wichmann 
Besonderheiten : Premiere erschien 1997 als Showmanager bei Queen und kam in dieser Form auf die Nominierungsliste zum Spiel des Jahres. 
„Cats“ und „Das Phantom der Oper“ laufen seit vielen Jahren, „Buddy Holly“ seit mehreren Monaten, dazwischen gibt es häufig Gastspiele anderer Werke, alle mit großem Erfolg. Kein Zweifel: Hamburg ist eine der Musical-Hochburgen Deutschlands! Seit einigen Monaten sind jetzt „Die Miserablen“, „Miss Hanoi“, „Freudi“ und „Katz“ dazugekommen, jeweils in 6 verschiedenen Aufführungen gleichzeitig, alle in anderer Besetzung. Wer jetzt verwirrt ist, hat es noch nicht kennengelernt, das Neue aus dem Stall der db-Spiele: Premiere! Eben diese war (wieder einmal) auf den Herner Spieletagen. Als ich von Barbara Weber zum ersten Mal das Thema erfuhr, hielt sich meine Begeisterung in Grenzen, denn das Thema Showgeschäft/Musical wurde ja schon einige Male, mal mehr mal weniger gelungen, in Spiele umgesetzt: neben reinen Quizspielen z.B. in Hype/Top 20 (Hexagames), Showbiz (ebenfalls Hexagames), Maestro (Hans im Glück), Broadway (TSR) usw. Meine ausschließlich positiven Erfahrungen mit db-Spielen haben aber meine Skepsis überwinden lassen und wie sich sehr schnell herausstellte, waren diese Bedenken auch absolut unbegründet! Herzstück des Spiels sind Schauspielerkarten, 120 an der Zahl (leider ohne Illustrationen). Die Qualität der Darsteller ist natürlich sehr unterschiedlich (wie im richtigen Leben halt), sie wird ausgedrückt durch Punktwerte, die von 1 bis 9 reichen: je höher, desto besser! Dabei gibt es absolute Spezialisten, die nur eine Rolle drauf haben, (die aber hervorragend!), andere sind wesentlich flexibler und können bis zu drei Rollen spielen, allerdings erreichen sie nicht die Qualität der Superstars. Premiere Schachteldeckel Um Besetzen von Musicalrollen geht es auch bei diesem Spiel. Gilt es bei „Freudi“ nur drei Rollen möglichst optimal zu füllen, werden bei „Miss Hanoi“ schon vier Darsteller gesucht. Für „Die Miserablen“ sind fünf Schauspieler nötig, am meisten Aufwand wird bei „Katz“ getrieben, denn hier sind gar sechs Rollen zu besetzen! Für jede der insgesamt 18 Rollen gibt es 13 mögliche Schauspieler. Die Werte differieren stark, vertreten sind: 2 (3x), 3 (4x), 5 (2x) sowie 4, 6, 7 und 9 (je 1x). Allerdings überschneiden sich die Rollen, so daß manche Superstars für Rollen verheizt werden, für die sie nicht gerade die Idealbesetzung darstellen. Die Summe der Rollenwerte pro Karte ist in jedem Fall 9. Alle Darsteller wollen allerdings erstmal einmal verpflichtet werden, wobei als Startkapital den 4 - 6 Teilnehmern lediglich 18 Talente (= Geldeinheiten) zur Verfügung stehen. Alle Darstellerkarten werden zu Beginn gemischt und verdeckt als Talon plaziert. Daneben werden die beiden Spielpläne gelegt: ein Städteplan bestehend aus 30 Feldern verteilt auf fünf Orte, wobei jedem Feld ein Punktwert zugeordnet ist. Am Broadway gibt es für den 1. Platz 22 Punkte, für Rang 2 noch 16 Zähler, danach geht es bergab: 10, 6, 2 bis 0 für die schwächste Aufführung. Die anderen Schauplätze sind Hamburg (Werte 20-1), Stuttgart (18-2), Duisburg (16-3) und Alsdorf (14-4). Man sieht: je größer die Bühne, desto besser der Spitzenwert. Schwache Inszenierungen hingegen werden in der Provinz immerhin noch beklatscht, an den Weltbühnen jedoch komplett verrissen. Beginnen darf bei Premiere, wer zuletzt ein Musical besucht hat (ich bin daher selten Startspieler). Zunächst beschränken sich die Aktivitäten meist darauf, einen Darsteller aus der Künstleragentur (= 2. Spielplan) zu verpflichten. Diese hat stets vier Schauspieler im Angebot, wobei man die Karte ganz rechts zum Nulltarif bekommen kann, nach links wird es um je ein Talent teurer. Der Schauspieler ganz links kostet also immerhin drei Talente. In jeder Runde muß man einen Star verpflichten (es sei denn, man inszeniert ein Musical - dazu später mehr), allerdings ist es möglich, für zwei Talente alle vier Karten aus der Agentur vorher zu entfernen und durch vier neue Darsteller zu ersetzen. Dies ist beliebig oft möglich (lediglich das eigene Bargeld setzt Grenzen). Empfehlenswert ist eine solche Aktion, wenn entweder für einen selbst keine geeigneten Darsteller zur Verfügung stehen oder man verhindern will, daß die Konkurrenten passende Schauspieler verpflichten könnten. Nach einiger Zeit kann man durchaus einschätzen, wer welche Karten gebrauchen kann, denn jeder Teilnehmer muß jedes Musical einmal pro Partie inszenieren, so daß mit jeder Aufführung der Kreis der interessanten Kandidaten kleiner wird. Die in der Agentur durch die Verpflichtung entstandene Lücke wird von Links her geschlossen, neue Karten kommen also immer für drei Talente ins Spiel. Verpflichtete Stars werden auf die Hand genommen, bis sie für eine Inszenierung eingesetzt werden. Dabei gilt zu beachten, daß nach einer Aufführung maximal zwei Karten übrig bleiben dürfen (nach der letzten Inszenierung gar nur eine!). Es ist also nicht erlaubt, beliebig viele Karten zu „bunkern“, um eine möglichst große Auswahl an Darstellern zu haben. Wer „Freudi“ aufführen wollte, aber schon sechs Karten auf der Hand hält, hat leider die Chance verpaßt. Er muß stattdessen ein anderes Musical aufführen, für das mehr Darsteller nötig sind. Das Ziel sollte natürlich sein, eine möglichst hohe Punktzahl zu erreichen. Das Maximum wäre 9 multipliziert mit der Zahl der Rollen, bei „Freudi“ also 27, „Miss Hanoi“ 36, „Die Miserablen“ 45, „Katz“ 54. Dazu kommt noch ein Bonuspunkt pro Rolle, wenn es bei der Inszenierung keine Fehlbesetzung gegeben hat. Als solche gilt jeder Schauspieler, auf dessen Karte die Rolle, die er spielen soll, nicht angegeben ist. Da kann es durchaus besser sein, die Stars der Städtischen Bühnen (Joker-Karten mit Wert „1“, 12 an der Zahl, die für alle Rollen einsetzbar sind und niemals als Fehlbesetzung gelten) anstelle von ungeeigneten Superstars zu verpflichten, wenn dadurch nämlich ein hoher Bonus (3 bis 6 Punkte) gesichert werden kann. Frühestens nach drei („Freudi“ ohne überzählige Karte), spätestens nach acht Runden („Katz“ mit zwei Karten Rest) steht eine Musical-Inszenierung an. Wird ein Stück zum ersten Mal aufgeführt, legt der Intendant fest, an welcher Bühne das Musical für diese Partie beheimatet ist. Die Punktwerte der eingesetzten Schauspieler werden jetzt addiert. Wird z.B. „Miss Hanoi“ aufgeführt, könnte ich dafür Superstar Rudi Roole (Rolle C = 9 Punkte) Rolly Witchmann (Rolle B = 7 Punkte), einen Joker (Stars der städtischen Bühne = 1 Punkt) für Rolle D, und Synes Lustig einsetzen. Letzteren müßte ich nun für Rolle A einsetzen, vorbereitet ist er aber nur für Rolle B. Er gilt deshalb als Fehlbesetzung für Rolle A und es bleibt deshalb bei 17 Punkten (9 + 7 + 1). Hätte ich z.B. anstelle von Synes Lustig auf einen zweiten Joker zurückgegriffen, kämen weitere 5 Zähler dazu: 1 für den Joker + 4 Bonuspunkte für die vier richtig besetzten Rollen. Die 17 bzw. 22 Punkte werden in mein „Miss Hanoi“ - Kärtchen (jeder Spieler hat einen Satz mit allen vier Musicals) eingetragen und in der Musical-Rangfolge eingeordnet. Bei der Premiere also auf Platz 1 (jedenfalls im Spiel zu sechst). Die eingesetzten Schauspielerkarten kommen aus dem Spiel. Jeder kann sich wohl vorstellen, daß man mit seinen Talenten schnell am Ende ist, denn 18 sind nicht gerade viel, da nur selten passende Akteure günstig oder gar zum Nulltarif zu haben sind. Es läßt sich deshalb kaum vermeiden, auf Kredite zurückzugreifen. Dies ist einmal pro Partie pro Musical möglich, Höchstwert jeweils 10 Talente. Man nimmt dazu sein entsprechendes Musicalplättchen vom Plan, streicht mit dem mitgelieferten Folienschreiber den bisherigen Punktwert und trägt im Feld darunter den reduzierten Wert ein. Anhand dieser Zahl wird die Inszenierung wieder in die Musical-Rangliste integriert. Bei Gleichstand mit schon daliegenden Plättchen wird es dahinter eingereiht. Die Kreditoption für ein Musical entfällt allerdings, sobald alle sechs Plättchen liegen. Es bleibt also stets ein Restrisiko, weiter zurückzufallen als geplant, da mindestens noch eine Aufführung aussteht. Prinzipiell empfiehlt es sich also eher, ein schwaches Musical zu beleihen, von dem ohnehin keine hohen Punktzahlen zu erwarten sind, denn ob man mit 12 Zählern den (vermutlich) letzten Platz für „Katz“ einnimmt oder mit nur 2, spielt bei der Punktvergabe keine Rolle. Premiere Spielkomponenten Die Partie ist beendet, sobald der letzte Spieler sein viertes Musical aufgeführt hat. Es gewinnt der Teilnehmer mit der höchsten Punktsumme, wobei es nicht um die addierten Schauspielerwerte geht, sondern um die Punkte, die mit den Inszenierungen in den vier Städten erreicht wurden. Das absolute Maximum wäre 76 (= 4 x Platz 1, am Broadway, in Hamburg, Stuttgart und Duisburg), das schwächstmögliche Ergebnis 6 (letzte Plätze an den gleichen Orten). Beides ist sehr unwahrscheinlich. Bleibt das Fazit: mit Premiere halten db-Spiele das hohe Niveau ihrer bisherigen sechs Titel, ja steigern es sogar noch! Für mich ist Premiere das neue Highlight des Programms, ein Spiel, das keine Vergleiche mit den besten Vertretern dieses Spielejahrgang scheuen muß. Es funktioniert mit 4 - 5 Spielern genauso gut wie mit 6. Eine simple aber effektive Idee sorgt dafür, daß auch mit geringerer Teilnehmerzahl der Spielspaß nicht leiden muß: Für die fehlenden ein bis zwei Aufführungen kommen Provinzbühnen ins Spiel, sprich „Dummy-Plättchen“ werden mit vorgegebenen Punktzahlen versehen und mischen in der Publikumsgunst mit. Der erste Intendant eines neuen Musicals legt zwar noch die Stadt fest, die mit dem Stück erfreut wird, das Werk wird aber nicht automatisch auf Platz 1 gesetzt, sondern muß sich vorab mit den ein bis zwei Provinz-Stücken messen und entsprechend einreihen. Dabei sind die Vorgaben nicht von Pappe. Wir haben erlebt, daß die „Provinzler“ bis zum Schluß ganz vorne mitgemischt haben. Die Interaktion hält sich zwar in Grenzen und beschränkt sich darauf, zu verhindern, daß die Konkurrenten bestimmte Karten bekommen, in dem man die Stars selbst verpflichtet oder die Agentur leerfegt. Der Spielspaß ist aber trotzdem garantiert. Sehr viel Flair (zumindest für Insider) bringen auch die lustigen Schauspielernamen, deren Ähnlichkeit mit lebenden Personen aus Film- und Musikwelt, Sportarenen, vor allem aber der Spielszene nur „fast zufällig“ sind. Lustige Illustrationen (Karikaturen!) wären natürlich das I-Tüpfelchen gewesen. In Hamburg ist Premiere bereits ein Hit, und ich bin sicher, daß die Neuheit die bisherigen db-Verkaufshits Al Capone und Carat auf die Plätze verweisen wird. Auch die Autoren selbst zählen Premiere neben Carat und Timbuktu zu ihrem Lieblingskind. Erstaunlich ist für mich nach wie vor, daß die etablierten Spiele-Verlage immer noch nicht auf die Ideen von Dirk und Barbara aufmerksam geworden sind (von Hexenstich bei Klee einmal abgesehen). Stattdessen werden Jahr für Jahr jede Menge belanglose Spiele herausgegeben: Minimalideen, produktionstechnisch stark aufgepeppt, damit sie nach Viel aussieht und sich so vielleicht verkaufen lassen. Vielleicht sollten wir engagierten Spieler aber auch froh über diese Ignoranz der Großverlage sein, denn sonst wäre die Zeit der liebevoll in Handarbeit hergestellten (aber immer professioneller wirkenden) Schmuckstücke vorbei und viele der originellen Ideen des Autorenpaares Dirk und Barbara eventuell von Redaktions-Teams der Verlage plattgewalzt. Hoffen wir also auf weitere spielerische Perlen, entwickelt und von db-Spielen persönlich zur Reife gebracht! 
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