Tripjat

Note 2
Test in Nr.34 
Autor: Jeukuro  Personenzahl: 2-3  Deutsch/Englisch/Französisch
Verlag: VSK  Alter: ab 10 Jahren  Noch erhältlich: ja/nein 
Erscheinungsjahr: 1996  Spieldauer: ca.  Rezensent : Wieland Herold 

Es gibt sie noch, die Leute von VSK, dem Kleinverlag, der 1990 dem ersten DDR-Spieleautoren zu Ruhm und Ehren im Westen verhalf (Chamäleon von Wolfgang Großkopf), der mit Zankapfel und Marino wunderschöne Spiele produzierte, die vor allem von der Materialseite her voll überzeugten. Ein Verlag, der sich stets um unbekannte Autoren verdient gemacht hat, der gezielt Kontakte während des von Karsten Höser organisierten Autorenwettbewerbs und des Göttinger Spieleautoren-Treffens gesucht hat und dabei auch manchmal fündig wurde. In diesem Jahr hat es in Göttingen geklappt. Drei junge Menschen aus Berlin, die auffielen, weil sie unter einem Pseudonym -„Jeukuro“ - ihre Spiele präsentierten, fanden die Aufmerksamkeit des VSK-Teams. Jana Kusch, Stefan Roth und Uwe Freyschmidt sind Jeukuro, wobei dies wohl ein „Bastelname“ aus Jeu - Ku(sch) - Ro(th) sein soll. Ihren Anspruch, Taktikspiele mit Überraschungsmomenten vorzustellen, bei denen nicht auf den Glücksfaktor verzichtet wird, haben sie mit dem jetzt von VSK produzierten Spiel Tripjat voll und ganz eingelöst.Tripjat Schachteldeckel Tripjat ist ein abstraktes, taktisches Kartenspiel für zwei oder drei Spieler, das nach einfachen Regeln funktioniert: Jeder Spieler besitzt einen Kartensatz mit 16 Karten, die fünfmal den Wert 3, viermal den Wert 5, dreimal den Wert 7, zweimal den Wert 10 und einmal den Wert 15 haben, außerdem gibt es noch eine sogenannte Fürstenkarte, die ebenfalls den Wert 10 besitzt. Diese Karten werden auf einem 6 mal 6 Felder großen Spielfeld abgelegt, wobei auf die 20 Randfelder keine 10er- und 15er-Karten gelegt werden dürfen. Zu Beginn wird der eigene Kartenstapel gemischt, die oberen vier Karten nimmt man auf die Hand, danach werden reihum Karten abgelegt oder neu gezogen. Beim Ablegen auf das Spielfeld versuchen die Spieler gegnerische Karten waagerecht, senkrecht oder diagonal einzuschließen. Erreicht man dabei einen höheren Gesamtwert in der Addition der Kartenpunkte, erhält man diese Karten. Sie werden vom Spielplan genommen und zählen für die Endabrechnung. Die Fürstenkarte kann unterschiedlich taktisch eingesetzt werden. Mit ihr dürfen gegnerische Karten bis zu einem 10er-Wert abgedeckt werden, oder man gibt sie dem Gegner, für den die zehn Punkte zählen, dafür entfernt man aber eine Karte mit einem maximalen Wert von fünf Punkten vom Spielbrett. Vordergründig sieht das zwar nach einem Minusgeschäft aus, taktisch klug eingesetzt, können sich dadurch Mehrheitsverhältnisse entscheidend ändern und der Gewinn kann viel größer ausfallen. Wird keine Karte abgelegt, darf eine nachgezogen werden. Es ist aber nicht erlaubt, mehr als vier Karten auf der Hand zu haben. Hat ein Spieler keine Karten mehr zur Verfügung, so erhält er wieder vier neue vom Kartenstapel. Diese Regelung ist sehr wichtig für das Spielende, denn ein Spieler, der immer Karten ablegt und nicht zwischendurch eine einzelne Karte zieht, verbraucht eher alle seine Karten. Das Spiel endet nämlich in der Runde, in der ein Spieler seine letzte Karte legt. Handkarten zählen als Minuspunkte. Die Punkte aller eroberten Karten werden addiert, eventuelle Minuspunkte müssen abgezogen werden. Gespielt wird auf 200 Punkte, die meist nach drei oder vier Spielrunden erreicht werden. Die Spielmechanismen hat man schnell begriffen, hinter die Feinheiten des Spiels kommt man allerdings erste nach einigen Runden. Das Spiel besitzt Tiefgang und zieht seinen besonderen Spielreiz besonders aus der Tatsache, daß die Spieler nicht genau wissen, welche Möglichkeiten die anderen von ihren Karten her noch haben. Dieser Glücksfaktor kann natürlich auch nachteilig ausgelegt werden. Eine Fürstenkarte gleich zu Beginn, wenn nur niedrige Karten von den Gegnern ausgelegt werden, ist sehr hinderlich. Trotzdem bietet die Nutzung von nur vier Karten ein reizvolles Spiel mit dem Risiko und gibt dem Spiel den letzten Pfiff.Tripjat Karten Habe ich mich am Anfang sehr lobend über die bisherige redaktionelle Arbeit des Verlags geäußert, kann ich das für die Umsetzung von Tripjat leider nicht bestätigen. Das abstrakte Spiel ist in ein chinesisches Umfeld gesetzt - war es im übrigen auch schon beim Prototypen der Berliner Autoren - die Karten tragen chinesische (?) Schriftzeichen, ein Bambusgitter teilt die Spielplansegmente ein - so weit, so gut - das Material und die Preisvorstellung von VSK sind aber nicht mehr akzeptabel. Dünnste Pappe für Spielplan und Spielschachtel, dafür aber ein horrender Ladenpreis von ca. 39 DM, das schreckt auch zukünftige Kunden von VSK ab. In dieser Form werden nur die Insiderläden das Spiel präsentieren können, jeder größere Händler oder Vertrieb wird abwinken. Es ist schade um die wirklich gute Spielidee! Jana Kusch, Stefan Roth und Uwe Freyschmidt hatten ihr Spiel übrigens auf Stoff gedruckt! Für alle in Göttingen vorgestellten Prototypen gab es einen lyrischen Vortext, Wortspielereien, die ihren Spaß am Spiel gut zum Ausdruck bringen. Für Tripjat hatten sie sich folgendes überlegt: Überlegen, legen, überlegen legen. Nehmen, wenn überlegt gelegt. Zahlen, zählen, zusammen, zusammen zählen Zahlen mehr. Einschließen schließt Gewinnen nicht aus. Auf der Gewinnerseite ist das junge Autorenteam allemal. Das erste Spiel, wahnsinnig schnell erschienen - vielleicht sogar zu schnell produziert, weil’s noch ein Spiel zur Messe sein sollte -, dafür aber ein gutes Spiel, das aufmerksam macht, Lust auf weitere Spiele von Jeukuro!
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